Tom Waurig
Tom Waurig ist Gründer, Geschäftsführer und Journalist und 1990 in Görlitz geboren, in Kreba-Neudorf aufgewachsen und hat später in Pirna gelebt.
Geblieben: Tom wohnt heute in Dresden.
Foto: Benjamin Jenak
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Weshalb bist du geblieben?
Gedanken ans Weggehen gab und gibt es immer wieder. Der Rechtsruck ist im Osten und in Sachsen besonders spürbar. An vielen Tagen bin ich genervt von den Berichten über Vorfälle, Übergriffe und die überdurchschnittlich guten Wahlergebnisse von Rechtsaußenparteien. Und dennoch kann die Lösung nicht sein, dass alle progressiven Menschen das Weite suchen und sich in großen, weltoffeneren Städten/Metropolen tummeln. Die ostdeutschen Länder brauchen Leute, die Bock auf Veränderung haben und die sich dem grassierenden Rassismus laut, mit klugen und mitreißenden Ideen entgegenstellen. Also: Hierbleiben und weitermachen!
Wie gestaltest du die Zukunft?
Mehr als 10 Jahre habe ich für eine Anti-Rechts-Initiative in der Sächsischen Schweiz gearbeitet. Was Rechtsruck bedeutet, konnte ich dort lange live miterleben. Gemeinsam mit einer Kollegin habe ich 2018 eine Kommunikationsagentur gegründet, die die engagierte Zivilgesellschaft in ihrem Auftreten begleitet und unterstützt. Denn es gibt in diesem Land so viele Engagierte, die sich aufgemacht haben, die Welt ein bisschen besser zu machen. Sie übernehmen Aufgaben, die sonst niemand anpackt. Und trotzdem werden sie allzu oft übersehen. Manchmal, weil es offenbar langweilig geworden ist, über Gutes zu berichten, und manchmal auch, weil sie vergessen, der Welt all das Gute mitzuteilen. Darüber hinaus begleiten wir dieses Engagement auch journalistisch – in Form eines Online-Magazins namens Veto. Als Redaktion begleiten wir Menschen, die überzeugt sind, dass sich die Welt verändern lässt.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Als jemand, der 1990 geboren ist, halte ich wenig von Kategorien wie „Ost“ und „West“. Wir sollten uns ohnehin mehr als 1 Land begreifen. Meine Generation hat eigentlich nichts mehr vom Eingeschränkt-Sein der DDR-Zeit miterlebt und früh die Vorzüge einer wachsenden europäischen Gemeinschaft erlebt. Ich fühle mich also eher als deutscher Europäer.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Persönlich wenig. Ich merke allerdings oft, dass ich für Freundinnen und Freunde – die in westdeutschen Städten leben – ein gern gewählter Ansprechpartner bin, wenn es darum geht, rechtsextreme Vorfälle, Wahlergebnisse der AfD und die oft zitierte ostdeutsche Volksseele einzuordnen und im besten Fall noch wissenschaftlich zu erklären: „Was ist denn da bei euch eigentlich wieder los?“
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ein Vertreten-Sein in öffentlichen Institutionen (Hochschulen, Unternehmen, Stiftungen, Ministerien etc.), weniger verbale Anfeindungen in Diskussionen/Debatten, eine intensivere Aufarbeitung der Probleme der Nachwendezeit und einen ehrlichen und entschlossenen Umgang mit den Problemen der Jetztzeit.