Torsten Stephan
Torsten Stephan alias Wissyonair ist Ingenieur und Rapper und 1980 in Dresden geboren, in Plauen aufgewachsen.
Geblieben: Torsten wohnt heute in Jena.
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Weshalb bist du geblieben?
Ich wollte meiner Heimat nicht den Rücken kehren.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Das ist eine, speziell für mich, sehr ambivalente Frage, da ich zwischen Beruf und Berufung unterscheiden möchte. Zum einen bin ich als Ingenieur im Vertriebsaußendienst tätig, viel vor allem in der Erfahrung in diesem Bereich, dass man heutzutage nicht mehr zwangsläufig klischeehaft in Ost-West-Kategorien denken muss. Als Berufung sehe ich meine künstlerische Betätigung im HipHop-Umfeld, hauptsächlich in Form von Rap. Das Schreiben nutze ich als Ventil für Emotionen im größtenteils fremdbestimmten Alltag und spreche oft soziale, politische und gesellschaftliche Themen an. Aktuell spielen besonders die Klima-Problematik & der Rechtspopulismus eine besondere Rolle.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Ich müsste hier mit ja und nein antworten, denn ich fühle mich zwar regional verwurzelt, auch familiär eingebunden, aber ich bin kein Regionalpatriot. Zudem bin ich oft in Westdeutschland. Man muss heute im Menschlichen nicht mehr zwangläufig Unterschiede sehen wollen. Dennoch gibt es natürlich Unterschiede: Lohngefälle, gefühlt höherer Abhängigkeiten vom westlichen Kapital, vor Allem in der Wirtschaftswelt, auch Mentalitätsunterschiede. Der Ostdeutsche ist schlechter in der Selbstdarstellung, obwohl das in der Instagramm-Generation anders sein kann. Ich fühle mich ostdeutsch, weil ich die Menschen, die Gegend, die Städte einfach besser kenne und weil ich als Kind zum FKK musste.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Wir wollten genau zur Wende 1989 auswandern (die Story ist im Song 89ig hängengeblieben verarbeitet). Als wir im Trabi auf der Autobahn Richtung Ungarn waren, kam die Rede von Gorbatschow im Radio und wir sind in der Folge dessen umgekehrt. Wir waren dann in Plauen bei jeder Demo mit mehreren zehntausend Leuten dabei. Damals war „Wir sind das Volk“ wirklich ein Ruf der Mehrheit und das war ein unglaubliches Gefühl, Teil dieser friedlichen Revolution zu sein – man hat erlebt: Es geht! Die Sprechchöre auf den Demos haben mich als 9-Jährigen dazu gebracht, ebenfalls Slogans zu reimen – meine ersten dichterischen Gehversuche. Es hält bis heute an…
Was wünscht du dir für Ostdeutschland?
Ich lebe derzeit in Jena, einer Stadt, der es gelungen ist, den Sprung zu schaffen und die wirtschaftlich prosperiert. Auch für die Regionen, in denen das „Abgehängtsein“ stärker zu Tage trifft, wäre das wüschenswert. Mir ist jedoch auch bewusst, wie schwierig das ist, zumal der Wachstumskapitalismus auf globaler Ebene an seine Grenzen stößt. Infrastrukturförderung ist nur ein Teil der Wahrheit. Aber (gute und gut bezahlte) Jobs sind nun mal eine Voraussetzung. Lohngleichheit gehört auf die Liste und natürlich wäre auch die Eindämmung der anti-demokratischen Tendenzen wünschenswert. Dazu wäre vielleicht auch mehr interkultureller Austausch hilfreich, in beide Richtungen.