Valerie Schönian
Valerie Schönian ist Journalistin und 1990 in Gardelegen geboren und in Magdeburg aufgewachsen.
Gegangen: Valerie lebt heute in Berlin.
Foto: Livia Valensise
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Weshalb bist du gegangen?
Ich bin gegangen, weil es damals so normal war zu gehen. Es war gar keine Option, zu bleiben. Aber ich merke, dass das bei den jüngeren Leuten – mein Bruder ist Jahrgang 1997 – schon anders ist. Viele seiner Freund*innen haben Magdeburg nicht verlassen.
Wie gestaltest du die Zukunft?
Ich versuche meistens zu verstehen: Menschen, Beziehungen, Strukturen, Umstände, Wahlergebnisse. Wenn ich glaube, etwas verstanden zu haben, schreibe ich das auf – in der Hoffnung, dass wir etwas für die Zukunft daraus mitnehmen können.
Glaubst du, deine Wende-Erfahrung bzw. die Wende-Erfahrung deiner Familie hat dich auch für den Digitalen Wandel gewappnet?
Fühlst du dich Ostdeutsch?
Zuerst war mein Ost-Gefühl eine Art Trotz-Reaktion. Je mehr ich in den letzten Jahren das Gefühl bekam, ganz Ostdeutschland wird pauschal als Pegida-Region diffamiert, desto ostdeutscher fühlte ich mich. Weil ich das Bedürfnis hatte, etwas verteidigen zu wollen. Auch wenn ich 1989/90 nicht bewusst erlebt habe, die ostdeutsche Geschichte ist die Geschichte meiner Eltern. Und damit auch meine. Ich will, dass sie gesehen wird. Und ich will noch mehr: nämlich dass endlich alle checken, dass der Osten – natürlich! – mehr ist als Pegida & AfD. Ich verbinde mit dem Osten ganz viel Platz, Freiräume, Möglichkeiten. Der Osten ist unfertig, aber das ist eben nicht schlimm, sondern ein Standortvorteil.
Wie beeinflusst dich deine ostdeutsche Herkunft?
Meine Herkunft ermöglicht mir, die ostdeutsche Perspektive besser nachzuvollziehen, die, so glaube ich, immer noch eine andere ist als die westdeutsche. Auch bei jungen Leuten. Meine westdeutschen Freund*innen können vielleicht rational verstehen, was es bedeutet, wenn dein System von heute auf morgen ein anderes ist. Ich auch emotional. Deswegen habe ich einen anderen Blick auf die Menschen im Osten und auch auf politische Entwicklungen. Davon kann und will ich erzählen. Nicht weil die ostdeutsche Perspektive eine bessere oder wichtigere ist. Aber sie ist eine andere, sie muss auch eine Platz im Gesamtdiskurs finden.
Was wünschst du dir für Ostdeutschland?
Dass die kreativen Freiräume erhalten bleiben.